Hallo werter Leser, 

ich bin 36 Jahre alt, männlich und möchte verfrüht sterben. 
Ich habe familiäre Verantwortung, die mich zeitlich mehrere Jahre in diesem Leben bindet. Aber dann soll es bitte auch endlich vorbei sein, falls keine Besserung in der Zwischenzeit eingetreten ist. Ich möchte nicht mehr (leben), weil ich krank bin. Chronisch krank und unheilbar. Über die Jahre sind die Symptome schlimmer geworden. Bei meiner bipolaren Störung gibt es auch bessere Zeiten. Aber ich erinnere mich gut, wie die schwere Depression mich immer begleitet hat. 
Meine Erkrankung hat es mir enorm erschwert eine Bindung zu einer Partnerin aufzubauen und zu erhalten. Ich bin nicht allein. Ich habe Freunde und zahllose Bekannte, die ich mit manischer Energie wieder aktiviert kriegen könnte. Aber trotzdem fühle ich mich einsam…  In meiner Kindheit habe ich nie viel Liebe empfunden. Deshalb ist bedingungslose Liebe für mich das höchste Gut, ein Sinn des Lebens. Aber wie gesagt meine Erkrankung erschwert es enorm. 
Meine familiäre Bindung ist mein Kind. Wie es gerade ist, ist es nicht schön. Aber es ist so schön, dass es diesen Grund gibt und mich zur Verantwortung zwingt. 
Ich weiß ich bin „reich“, auch finanziell. Aber Geld allein und gute Freundschaften machen auch nicht glücklich. Liebe ist wie ein Rauschgefühl, das sich zum Partner mit Verliebtheit an die Spitze bringen lässt Aber wie alles andere auch verblasst Liebe, die Verliebtheit verschwindet komplett. Sinn des Lebens kann sie mir deshalb auch nicht spenden. Ich möchte an dieser Stelle den Liebesrausch mit der Jagd zum High bzw. durch Drogen berauschten Zustand vergleichen. 
Ich habe lang genug gelebt mit dem Glauben bzw. der Hoffnung selbst aus der Misere herauszukommen. Ich habe den Weg gewählt, der mir vorgelebt wurde: Bildung und ehrliche Arbeit. Mit 13 war ich "versessen" darauf als Kind zu arbeiten mit Zeitung austragen die ersten Euros zu verdienen, während des Abiturs zog ich sogar morgens vor der Schule um 4:00 los, um die Tageszeitung auszutragen. Nach Abgabe meiner letzten universitären Abschlussarbeit bekam ich prompt einen akuten Bandscheibenvorfall LWS4/5, der operiert werden musste. In 6 Jahren hatte ich 5 Jobs - davon ist ein positives Arbeitszeugnis geblieben. 
Würde ist für mich ein wichtiges Wort. Wenn ich mich mit meinem selbstbestimmten Ende beschäftige, möchte ich würdevoll mit einem nicht entehrten Leichnam dahinscheiden. Ich möchte auch keine Schmerzen in den letzten Minuten bis Stunden ertragen. Ich habe mit Würde gelebt und versucht ein so guter Mensch wie möglich zu sein, da habe ich auch einen würdevollen Tod verdient. Zurzeit ist meine würdevollste Art dahin zu gehen die passive Sterbehilfe. 
Seit 1,5 Jahren bin ich Mitglied in einem Sterbehilfeverein. Ich hatte die lebenslange Mitgliedschaft für 500 Euro gewählt. Für einen gestaffelten und höheren Betrag kann ich deren Suizidassistenz beantragen: die Überdosis Morphium. Das ganze Unterfangen ist wohl bürokratisch und geordnet, mit Gesprächen, Begründungen in meinem Fall der psychischen Erkrankung und einer Vorstandsentscheidung zum grünen Licht der letzten Pille. Es ist Unterstützung. Ich bin nicht allein und kann Freunde und Familie in den Prozess mit einbeziehen. So stelle ich mir einen würdevollen Tod vor. 
Meine Alternative schwankt immer. 2016 war es die Plastiktüte. Auf jeden Fall Ersticken, das zeigen auch die Statistiken. Momentan sind es 300 Teelichter (ausgerechnet auf 1 Zimmer Wohnung), die ausreichen sollten den Raumsauerstoff zu verbrennen. Offenes Feuer in Innenräumen ist immer eine Gefahr und so viel Brennstoff würde die Wohnung merklich erwärmen. Wahrscheinlich könnte ich die letzten Stunden nur unter kalter Dusche aushalten. Das ist alles zu viel Getue für mich und nicht würdevoll. Ein kleiner Griff oder ein Schluck kann ich mehr besser vorstellen.  

Jan/2025